Altes Rathaus (Kapelle St. Wolfgang)
Das Bestehen einer Kapelle in Wiener Neudorf ist für das Jahr 1441 erstmals belegt.
Die Bauuntersuchungen, die anlässlich der Restaurierungen 1987-1989 vorgenommen wurden, lassen eine Entstehung des Sakralbaus zu Beginn des 15. Jahrhunderts annehmen. Aus dieser Zeit stammt auch der Kern des zweigeschossigen Baus, die beiden unteren Turmgeschosse. Anfang des 16. Jahrhunderts entstand an der Ostseite des Turms, der Landstraße zugewandt, ein großes Wandgemälde, das vielleicht den hl. Wolfgang, wahrscheinlicher aber den hl. Christophorus zeigt. Das Bauwerk wurde bei den Türkeneinfällen 1529 und besonders 1683 erheblich beschädigt. Drei Jahre später wird von Instandsetzungsarbeiten an mehreren Kunstwerken berichtet, darunter einem Altarbild „Maria Schnee“ und einer Statue des hl. Wolfgang. Eine der beiden spätgotischen Sonnenuhren an der Südseite des Turms wurde mit der Jahreszahl 1703 versehen. Das Glockengeschoss entstammt gleichfalls dem 18. Jahrhundert.
Mit der Errichtung der neuen, 1780 geweihten Kirche, nur einen Steinwurf entfernt, wurde das alte Gotteshaus von Kardinal Migazzi der Gemeinde überlassen, die es fortan als Schulgebäude (bis 1875) nützte. Auch die Wohnungen für Lehrer und Mesner befanden sich hier. Da beim Bau der neuen Kirche der geplante Campanile vorerst nicht umgesetzt wurde, riefen weiterhin die Glocken der St. Wolfgang Kapelle die Gläubigen zum Gebet.
Am 25. Juni 1901 erfasste eine Brandkatastrophe den Ortskern. Die dadurch notwendigen Renovierungsarbeiten, brachten eine neo-barocke Umgestaltung. Dachstuhl und Turmhelm – ein Spitzhelm mit vier Uhrengiebeln – mussten neu errichtet werden.
Da das Gebäude fortan als Rathaus dienen sollte, entstand im ersten Stock ein Ratssaal mit einer Stichkappentonne als Deckengewölbe. Ein Wandgemälde an der inneren Westwand zeigt das Schloss Wiener Neudorf. Daneben gab es weitere Amtsräume und Wohnräume für Gemeindebedienstete. Im Erdgeschoss war ab 1912 der Gendarmerieposten untergebracht. 1976 verlor das Gebäude mit der Eröffnung des Neuen Rathauses (Europaplatz 2) auch die Funktion als Amtshaus. 1987 wurde mit umfangreichen Renovierungs- und Restaurierungsarbeiten begonnen, in deren Verlauf mittelalterliche Wandmalereien freigelegt werden konnten, die bis dahin unter Putzschichten verborgen gewesen waren. Seither steht das Alte Rathaus für Ausstellungen, Konzerte und andere kulturelle Veranstaltungen zur Verfügung.